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Das Verwaltungsgericht Gera hat kürzlich in einem von uns erstrittenen Urteil vom 09.02.2018 zum Aktenzeichen 1 K 1336/16 Ge entschieden, dass einer beihilfeberechtigten Beamtin ein Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zustehen kann, wenn sie zwar binnen der einzuhaltenden Jahresfrist einen Antrag stellt, dabei aber die hierfür notwendigen Formblätter nicht nutzt, sondern den Antrag zunächst „formlos“ stellt und ein formgerechter Antrag erst nach Ablauf der Jahresfrist bei der Beihilfestelle eingeht. So führt das Verwaltungsgericht Gera aus:

„Der Klägerin ist aber wegen der Versäumung der Antragsfrist des § 50 Abs. 9 Satz 1 ThürBhV Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

1.
Das Gerichts ist der Auffassung, dass aus Fürsorgegesichtspunkten dem Beihilfeberechtigten bei Versäumung der Frist des § 50 Abs. 9 Satz 1 ThürBhV im Einzelfall Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden muss, wenn die Voraussetzungen des § 32 ThürVwVfG hierfür vorliegen:

Bei einer Versäumung der Jahresfrist des bis zum Jahre 2012 geltenden § 17 Abs. 9 BhV nahmen die amtlichen Hinweise des Bundesinnenministeriums und die Rechtsprechung unter den Voraussetzungen des § 32 VwVfG die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 15. September 2010 – 14 ZB 10.1096 VG Lüneburg, Urteil vom 21. September 2005 – 1 A 80/03 Schleswig- Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 19. November 2001 – 11 A 5/00 VG Kassel, Urteil vom 19. Februar 2001 – 7 E 3363/00 jeweils zitiert nach juris). Bei § 50 Abs. 9 ThürBhV vergleichbaren Regelungen anderer Bundesländer bzw. des Bundes gehen einige Gerichte und die Literatur ebenfalls von der Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (vgl. etwa VG München, Urteil vom 22. Juni 2017 – M 17 K 17.1542 juris zum wortgleichen § 48 Abs. 6 Satz 1 BayBhV; Verwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 21. Juli 2016 – 6 K 835/14 -, juris zu § 17 Abs. 3 Satz 1 BhV SL; VG Köln, Urteil vom 7. Juli 2016 – 1 K 5654/15 – juris zu § 54 BBhV; Schadewitz/Röhrig, Beihilfevorschriften, § 54 BBhV Rn. 8 und die Ziffern 54.1.1 ff der Allgemeinen VerwaltungsVorschrift zur BBhV zu § 54 Abs. 1 BBhV). Andere Gerichte verneinen die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. etwa Hessischer VGH, Urteil vom 25. Juli 2012 – 1 A 2253/11 – juris zu § 17 Abs. 10 HBeihVO; VG Stuttgart, Urteil vom 21. August 2008 – 6K 1360/08 -, juris und VG Sigmaringen, Urteil vom 14. März 2015 – 3 K 361/13 -, juris jeweils zu § 17 Abs. 10 BVG BW; Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 3. November 2014 – 11 A 929/13 -, juris zu § 5 Abs. 3 BhVO SH; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31. Mai 2007 – 1 A 4638/05 -, juris zu § 13 Abs. 3 BVG NW).

Die Regelung einer bestimmten überschaubaren Frist für die Geltendmachung des Beihilfeantrags mit der Folge des Erlöschens des Beihilfeanspruchs mit Ablauf der Frist dient dazu, eine Klärung etwa noch bestehender Beihilfeansprüche herbeizuführen. Ferner bezweckt sie eine zügige Abwicklung der Beihilfeansprüche im Interesse einer ordnungsgemäßen und übersichtlichen Verwaltung öffentlicher Haushaltsmittel. Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit gebietet nicht, dass von der Rechtsordnung verliehene Ansprüche ohne zeitliche Schranken Bestand haben müssten. Ist die zeitliche Grenze so gezogen, dass nach der Lebenserfahrung den Berechtigten auch dann noch genügend Zeit zur Anspruchsverwirklichung zur Verfügung steht, wenn sie im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches oder später nur vorübergehend daran gehindert waren, so verletzt der Normgeber nicht seine Pflicht, die Durchsetzbarkeit des Anspruchs zu gewähren (VG Köln, Urteil vom 7. Juli 2016 – 1 K 5654/15 -»juris). Allerdings ist bei der Bemessung der Antragsfrist auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn zu beachten. Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer Antragsfrist können insoweit bestehen, wenn die Frist nicht allzu lang bemessen ist und im Einzelfall für den Betroffenen nicht die Möglichkeit besteht, bei fehlendem Verschulden von dem Fristversäumnis absehen zu können. Ausgehend davon ergibt sich nach dem Dafürhalten des Gerichts in Bezug auf die in § 50 Abs. 9 Satz 1 ThürBhV geregelte Antragsfrist angesichts ihrer Dauer von nur einem Jahr unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht die Notwendigkeit, dem Betroffenen im Einzelfall bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren zu müssen (vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 4. April 2008 – 13 K 3075/06 juris; VG Ansbach, Urteil vom 17. Oktober 2007 – AN 15 K 07.01968 -, juris; VG München, Urteil vom 22. Juni 2017 – M 17 K 17.1542 -, juris; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 7. Februar 1994 – 3 B 93.45 -»juris)

2.
Im vorliegenden Einzelfall ist der Klägerin wegen der Versäumung der Jahresfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Gemäß § 32 Abs. 1 ThürVwVfG ist demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (Satz 1). Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen (Satz 2). Gemäß § 32 Abs. 2 ThürVwVfG ist der Antrag innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (Satz 1). Die Tatsachen zur Begründung des Antrages sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen (Satz 2). Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (Satz 3). 1st dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (Satz 4).

Die Voraussetzungen des § 32 ThürVwVfG sind erfüllt.

a)
Die Klägerin hat die gesetzliche Frist des § 50 Abs. 9 Satz 1 ThürBhV versäumt.

b)
Als Hindernis für die rechtzeitige Antragstellung hat die Klägerin die Unkenntnis der Notwendigkeit der Verwendung der Formblätter glaubhaft gemacht, worauf das Gericht später noch ausführlicher eingeht.

Ein Hindernis stellte demgegenüber nicht eine Unkenntnis der einzuhaltenden Jahresfrist des § 50 Abs. 9 Satz 1 ThürBhV dar. Diese Jahresfrist war der Klägerin nämlich bekannt. Innerhalb dieser Frist hatte sie auch einen handschriftlichen Antrag auf Beihilfe für die hier in Streit stehende Rechnung vom 5. Januar 2015 gestellt. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts als Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Der Zeuge XXX, der die Klägerin bei dem Antrag auf Beihilfe unterstützt hat, hat hierzu detaillierte, ausführliche und in sich stimmige Angaben gemacht, aus denen sich ergibt, dass zumindest ihm die Jahresfrist bekannt war, er bei der Absendung des handschriftlichen Antrags auf Beihilfe vom 2. Januar 2016 besonders auf die Einhaltung dieser Frist geachtet hat, den entsprechenden Brief bereits am 2. Januar 2016 vor der letzten Leerung des Postbriefkastens in diesen eingeworfen und von der Beihilfestelle telefonisch die Auskunft erhalten hat, dass der Antrag vom 2. Januar 2016 am 4. Januar 2016 und damit innerhalb der Jahresfrist bei der Beihilfestelle eingegangen ist. Der Zeuge XXX hat ausgesagt: „Ich wusste, dass es bei der Beantragung von Beihilfe irgendwie eine Jahresfrist gibt. Ich habe auch noch bei der Beihilfestelle telefonisch nachgefragt. Dort wurde mir von einer 365-Tagefrist berichtet. Wir haben daher besonderes Augenmerk auf die Pünktlichkeit des handschriftlichen Antrags gelegt. Den Antrag hat XXX selbst gefertigt. Das Blatt war mit ca. 2 Zeilen fast voll geschrieben, weil XXX sehr groß schreibt. Ich habe noch überlegt, ob ich den Antrag nochmal abschreibe. Weil er aber gut leserlich war, habe ich es sein lassen. Auf dem Antrag befanden sich, soweit ich mich erinnere, der Vorname und Name von XXX, die Adresse, ihr Geburtsdatum, ihre Personalnummer und natürlich, dass ein Antrag gestellt wird. Ich glaube, dass für Rückfragen auch eine Telefonnummer angegeben war. Die Rechnung war dem Antrag beigefügt. Für mich war alles soweit o.k. Der Brief war auch ausreichend frankiert. XXX kam am 02.01.2016 zu uns nach XXX und brachte den handschriftlichen Antrag vom 02.01. und die Rechnung mit. Ich habe mir beides angesehen, es „eingetütet“ und frankiert. Ich habe den Brief auch in einen Postbriefkasten in XXX geworfen. Ich kann nicht mehr sagen, um welche Zeit dies war. Ich weiß aber noch sicher, dass es mindestens eine halbe Stunde vor der auf dem Briefkasten notierten Abholzeit war. Wir haben in XXX eine Vielzahl an Briefkästen, so dass ich den Brief ansonsten in einen anderen Briefkasten geworfen hätte. Ich kann mich nicht mehr erinnern, welcher Wochentag der 02.01.2016 war. Ich weiß aber noch, dass ich frei hatte, was selten vorkommt. (…) Für mich war der Antrag vom 02.01.2016 eine „runde Sache“. Ich war stolz, dass ich XXX zur Aufnahme der Personalnummer auf dem Antrag ermahnt hatte. Es stand darauf, dass ein Antrag gestellt wird, die Rechnung war im Original beigefugt. Aus meiner Sicht war an dem Antrag nichts auszusetzen. (…) Nachdem der ablehnende Beihilfebescheid ergangen war, habe ich bei der Beihilfestelle angerufen und mit einer Frau XXX gesprochen. Diese sagte mir, dass der handschriftliche Antrag am 04.01.2016 bei der Beihilfestelle eingegangen ist. Der Antrag befand sich zu diesem Zeitpunkt in der Beihilfeakte mit dem Vermerk, dass er am 04.01.2016 eingegangen ist. Ich weiß noch, dass ich das verbucht habe mit „dann war ja der Antrag fristgerecht‘.“

Der Zeuge hat auf das Gericht einen absolut glaubwürdigen Eindruck gemacht. Am Wahrheitsgehalt seiner Aussagen hat das Gericht nicht den geringsten Zweifel. Seine Aussagen sind einerseits sehr detailhaft, andererseits aber auch dadurch gekennzeichnet, dass er etwaige Unsicherheiten in seinem Vermögen, sich an das eine oder andere Detail erinnern zu können, ohne weiteres eingeräumt hat. Gerade dies spricht dafür, dass die Aussagen des Zeugen den tatsächlichen Geschehensablauf widerspiegeln.

c)
Die Klägerin hat innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses den Beihilfeantrag für die hier streitige Rechnung vom 5. Januar 2015 gestellt. Der Beklagte hat die Klägerin mit Schreiben vom 11. Januar 2016 auf das Formerfordernis hingewiesen. Die Klägerin hat daraufhin mit am 14. Januar 2016 beim Beklagten eingegangenen Formularantrag die Gewährung von Beihilfe beantragt. Der Klägerin ist deshalb auch ohne ausdrücklichen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (vgl. § 32 Abs. 2 Satz 4 ThürVwVfG).

d)
Die Unkenntnis der Notwendigkeit der Verwendung der Formblätter war auch unverschuldet:

Verschulden i. d. S liegt dann vor, wenn der Betroffene die gebotene und nach den Umständen zumutbare Sorgfalt nicht eingehalten hat. Hierbei ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalls einschließlich höchstpersönlicher Umstände des Betroffenen abzustellen. Die Be weispflicht für fehlendes Verschulden trifft die Klägerin (vgl. VG Gera, Urteil vom 19. März 2014 -1 K 1144/12 Ge -; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Auflage, § 32 Rn. 20 ff).

aa)
Zunächst ist festzustellen, dass hier auf das Verschulden der Klägerin und nicht eines Vertreters (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 2 ThürVwVfG) abzustellen ist. Insbesondere war der vor Gericht als Zeuge vernommene Lebensgefährte der Tochter der Klägerin, XXX, nicht Vertreter der Klägerin.

Der Zeuge ist nicht gesetzlicher Vertreter der Klägerin.

Er wurde von ihr auch nicht in sonstiger Weise besonders formlich bevollmächtigt. Der Zeuge hat hierzu vor Gericht ausdrücklich ausgeführt: „Ich hatte keine besondere Vollmacht. Wir, d. h. die Tochter der Klägerin und ich, haben aber insbesondere die finanziellen Angelegenheiten der Klägerin mit begleitet.“ Dass dem Beklagten keine Vollmacht vorlag bzw. der Zeuge XXX nicht als Bevollmächtigter i. S. v. § 14 ThürVwVfG aufgetreten ist, zeigt auch die Tatsache, dass sowohl der Beihilfebescheid vom 1. Februar 2016 als auch der Widerspruchsbescheid vom 4. November 2016 persönlich an die Klägerin adressiert waren.

bb)
Die Klägerin trifft an der Unkenntnis der Notwendigkeit der Verwendung der Formblätter für die Beihilfebeantragung kein Verschulden. Zur Überzeugung des Gerichts steht aufgrund der Einlassung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung und aufgrund der Beweisaufnahme fest, dass die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung nicht mehr von der Notwendigkeit der Verwendung der Formblätter wusste:

Bereits in ihrer Widerspruchsbegründung (Schreiben vom 17. März 2016, Blätter 17 ff der Beiakte 1) hat die Klägerin ausgeführt, dass sie unter einer chronischen neurologischen Erkrankung leide, die unter anderem mit Gedächtnisstörungen und der Unfähigkeit, sich um ihre finanziellen Angelegenheiten selbständig zu sorgen, einhergehe. Letzteres sei daher inzwischen von ihrem Schwiegersohn übernommen worden. Wenngleich sie vielleicht einmal gewusst habe, dass das Formblatt wichtig sei, seien sie und ihr Schwiegersohn sich dessen bei der Antragstellung im vorliegenden Fall nicht bewusst gewesen. Diesen Vortrag hat die Klägerin in der Klagebegründung (Schreiben vom 28. Februar 2017, Blatt 37 der Gerichtsakte) dahingehend vertieft, dass die Unkenntnis bezüglich der zwingenden Verwendung des Formblattes für den Antrag ihrer chronischen neurologischen Erkrankung, insbesondere dem damit einhergehenden Gedächtnisverlust, geschuldet sei. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung – vom Gericht zu ihrer Erkrankung befragt – mitgeteilt, dass im Uniklinikum festgestellt worden sei, dass „ihr Gehirn immer weniger werde“ und sie immer schlechter laufen könne. Inzwischen habe sie alle finanziellen Angelegenheiten in die Hände ihrer Tochter und des Zeugen gegeben.

Der Zeuge XXX hat ausgesagt: „XXX ist ca. 1/2 Jahr vorher neurologisch erkrankt und deshalb aus dem Lehrerdienst ausgeschieden (…) XXX war immer äußerst zuverlässig. Durch ihre Erkrankung hat sich ein gewisser Gedächtnisverlust eingestellt, so dass man sich nicht mehr auf sie verlassen kann.“ Weiter hat der Zeuge zu den Angaben der Klägerin erläutert, dass die Erkrankung nicht eindeutig zu diagnostizieren sei, aber in Richtung Parkinson gehe.

Aus den Angaben der Klägerin und des Zeugen, die in sich stimmig und schlüssig sind, folgt, dass bei der Klägerin bereits vor Ablauf der hier einzuhaltenden Frist (5. Januar 2016) eine fortschreitende neurologische Erkrankung vorlag, die mit Gedächtnisstörungen und der Unfähigkeit, sich um ihre finanziellen Angelegenheiten selbständig zu sorgen, einhergeht und dass der Klägerin deshalb die Notwendigkeit der Verwendung der Formblätter für den Antrag auf Beihilfe nicht bewusst war.

cc)
Zwar kann (Rechts)Unkenntnis eine Fristversäumnis grundsätzlich nicht entschuldigen. Vielmehr muss der Betroffene bei ihm nicht geläufigen juristischen Problemen grundsätzlich in geeigneter Weise Rat einholen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Auflage, § 32 Rn. 30 ff m. w. N.; vgl. auch VG München, Urteil vom 22. Juni 2017 – M 17 K 17.1542 -»juris). Nach der Überzeugung des Gerichts hat die Klägerin aber auch insoweit die gebotene und nach den Umständen zumutbare Sorgfalt eingehalten. Sie hat nämlich in Bezug auf den hier in Streit stehenden Beihilfeantrag den Zeugen XXX um Hilfe gebeten, der seinerseits die gebotene und nach den Umständen zumutbare Sorgfalt hat walten lassen:

Dem Zeugen XXX war die Notwendigkeit der Verwendung eines Formblattes für den Beihilfeantrag nicht bekannt. Der Zeuge XXX hat hierzu auf Befragen des Gerichts ausgesagt: „Der Antrag von 02.01.2016 bzw. der Antrag für die hier in Streit stehende Zahnarztrechnung war für mich der erste Beihilfeantrag, an dem ich mitgewirkt habe. (…) Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mir XXX vor Ablauf der Jahresfrist im Januar 2016 von der Notwendigkeit der Verwendung eines Formblattes für den Antrag auf Beihilfe berichtet hat, oder ich anderweitig davon Kenntnis hatte.“
Weil es für ihn der erste Beihilfeantrag war, war es geboten, dass sich der Zeuge XXX kundig macht, was bei Beihilfeanträgen zu beachten ist. Dies hat der Zeuge auch getan, indem er im Internet recherchiert und bei der Beihilfestelle nachgefragt hat. Dies ist durch die Aussage des Zeugen geklärt. Der Zeuge hat hierzu mitgeteilt: „Ich wusste, dass es bei der Beantragung von Beihilfe irgendwie eine Jahresfrist gibt. Ich habe auch noch bei der Beihilfestelle telefonisch nachgefragt. Dort wurde mir von einer 365-Tagefrist berichtet. (…) Aus dem Internet hatte ich mich dahingehend informiert, dass für die Beantragung von Beihilfe eine Jahresfrist läuft. Deswegen habe ich auch bei der Beihilfestelle nachgefragt, ob denn die Frist wirklich so wichtig sei. Von der Beihilfestelle wurde mir bestätigt, dass die Einhaltung der Frist in der Tat wichtig sei. Deswegen habe ich auch genau darauf geachtet, dass wir den Brief pünktlich wegsenden. Ich kann Ihnen nicht mehr sagen, mit wem ich bei der Beihilfe stelle gesprochen habe. Jedenfalls haben wir nur über das Fristerfordernis geredet.“

Indem der Zeuge XXX über eine Internetrecherche und ein Telefonat mit der Beihilfe stelle Informationen zu den Voraussetzungen für den Beihilfeantrag eingeholt hat, hat er die gebotene Sorgfalt eingehalten. Hierbei ist zu beachten, dass der Zeuge, der von Beruf Arzt ist, davon ausgehen konnte, dass er auch ohne weitere Beratung grundsätzlich in der Lage ist, einen Antrag stellen zu können. Es musste sich ihm nicht aufdrängen, dass hierfür über das Fristerfordernis hinaus auch noch ein besonderes Formerfordernis besteht. Er musste vor dem Antrag auf Beihilfe auch keinen Rat, etwa eines Rechtsanwalts, einholen. Es ging nämlich nur um eine für eine Beamtin routinemäßige Antragstellung, von der der Zeuge nicht vermuten musste, dass sie sich besonders kompliziert gestaltet.“