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Vom 22. – 24. März 2019 beriet der 43. Strafverteidigertag unter dem Titel »Psychologie des Strafverfahrens« in Regensburg. Hieran nahmen etwa 800 Strafverteidigerinnen, Vertreterinnen der Justiz und der Rechtswissenschaften teil. Thema war u.a. auch, dass 18 Strafverteidiger*innen am 20. März 2019 in der Türkei wegen ihrer Berufsausübung zu langen Haftstrafen verurteilt wurden. Die nachstehende Resolution wurde durch das Plenum des Strafverteidigertages am 24. März 2019 angenommen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 43. Strafverteidigertages erklären sich solidarisch mit diesen 18 Strafverteidiger*innen und fordern ihre unverzügliche Freilassung. Den Resolutionstext möchten wir Ihnen nachfolgend zur Kenntnis geben.

„Resolution zur Strafverfolgung von Verteidiger*innen in der Türkei

angenommen durch das Plenum des 43. Strafverteidigertages am Sonntag, 24. März 2019

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 43. Strafverteidigertages erklären sich solidarisch mit den 18 Strafverteidiger*innen, die am 20. März 2019 in der Türkei wegen ihrer Berufsausübung zu langen Haftstrafen verurteilt wurden, und fordern ihre unverzügliche Freilassung.

Die 18 Kolleg*innen wurden wegen angeblicher Terrorismusstraftaten von dem Gericht für Schwere Straftaten in Istanbul zu Haftstrafen zwischen 3 Jahren und 1 Monat und 18 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Kriminalisiert wird ihre engagierte Verteidigung in politischen Verfahren und das konsequente Eintreten für die Freiheitsrechte ihrer Mandant*innen.

Das Urteil ist das Ergebnis eines »Strafprozesses«, der von Beginn an willkürlich und unter eklatanterMissachtung jeglicher nach der türkischen Strafprozessordnung und derMenschenrechtskonvention garantierten Beschuldigten-und Verfahrensrechtegeführt wurde. Die Entscheidung ist symptomatisch für den Zustand der türkischen Justiz: Die Abschaffung der noch verbliebenen rechtsstaatlichen Standards und die faktische Ausschaltung gerade der Berufsgruppe, die die Freiheit des Einzelnen gegen staatliche Willkür verteidigt.

Das Urteil wurde sowohl in Abwesenheit der angeklagten Kolleg*innen als auch ihrer Verteidiger*innen gesprochen. Und schon wenige Tage nach der Urteilsverkündung geraten nun die Verteidiger*innen der verurteilten Anwält*innen in den Fokus der Strafverfolgungsbehörden und sind massiver medialer Hetze ausgesetzt.

Diese eklatanten Rechtsverstöße und die grenzenlose Willkür seitens der Justiz machen deutlich, dass die zielgerichtete Strafverfolgung von Strafverteidiger*innen eine neue Qualität erreicht hat. Darauf weisen die Anwaltskammern in der Türkei, die das Verfahren intensiv beobachtet haben, hin.In einer gemeinsamen Erklärung vom 21. März 2019 ziehen 39 Anwaltskammern folgendes Fazit: »Wir können nicht einmal von einem Verstoßgegen ein faires Verfahren sprechen, weil es faktisch kein Verfahren gab.«

Mit der Resolution des 41. Strafverteidigertages 2017 in Bremen und des 42. Strafverteidigertages in Münster wurden Forderungen aufgestellt, die auch heute uneingeschränkt weiter gelten. Zwar ist der Ausnahmezustand in der Türkei 2018 beendet worden, die Eingriffe dauern jedoch in gleicher Weise fort, Rechtsunsicherheit ist allgegenwärtig.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 43. Strafverteidigertags fordern in Anknüpfung an dieResolution zur Lage in der Türkei der vergangenenStrafverteidigertagedie sofortige Freilassung der inhaftierten Kolleg*innen.“