03641 - 62 82 72 kontakt@kanzlei-elster.de

VG Dresden, Urteil vom 10.04.2024, 6 K 1122/21

Mit Urteil vom 10.04.2024, stellte das Verwaltungsgericht Dresden fest, dass die Datenspeicherung des Sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz in Bezug auf unseren Mandanten rechtwidrig waren.

Nachdem unser Mandant beim VS Sachsen Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten beantragt hatte, teilte der VS Sachsen mit, dass sie verschiedene Teilnahmen an Demonstrationen aus den Jahren 2015-2016, aber auch eine journalistische Recherche im Jahr 2019 sowie Meldedaten gespeichert hatten. Nach Antrag auf Löschung dieser gespeicherten Daten, teilte das Landesamt für Verfassungsschutz mit, dass eine Löschung nicht in Betracht komme, da eine Speicherung den gesetzlichen Voraussetzungen entspreche. Nach Widerspruch teilte das Landesamt für Verfassungsschutz mit, dass es die Daten löschen werde, da es diese nicht mehr zur Aufgabenerfüllung benötige. Eine Löschung mit der Begründung, dass es die Daten niemals habe erheben und speichern dürfen, lehnte das Landesamt für Verfassungsschutz ab. Wir haben zusammen mit unserem Mandanten dagegen Klage erhoben, weil wir die Auffassung vertreten haben, dass das Landesamt für Verfassungsschutz die Daten hätte nicht speichern dürfen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen haben. Das Verwaltungsgericht gab uns vollumfänglich Recht. In den Entscheidungsgründen führt es aus:

„Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Feststellungsklage ist zulässig (§ 43 VwGO).

Das hierfür gemäß § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche hinreichend konkrete Rechtsverhältnis besteht zwischen den Beteiligten aufgrund der vom Beklagten vorgenommenen Speicherung der personenbezogenen Daten des Klägers.

Der Kläger hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse in Form eines Rehabilitationsinteresses.

Das Vorliegen des Feststellungsinteresses ist eine Prozessvoraussetzung, die im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts gegeben sein muss. Der Kläger muss grundsätzlich dartun, warum und inwiefern ein berechtigtes Interesse ist dabei in § 43 VwGO genauso auszulegen wie in § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Das berechtigte Interesse schließt jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher und auch ideeller Art ein, z.B. das Interesse an Rehabilitierung sowie die Gefahr einer Wiederholung der Beeinträchtigung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl., § 43 Rn. 23).

Ein Rehabilitationsinteresse besteht, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern.

Zwar folgt eine Stigmatisierung des Klägers hier nicht unmittelbar aus der streitgegenständlichen Speicherung personenbezogener Daten des Klägers sondern er hat diese erst durch das „Outing“ des Klägers auf der Internetplattform www.einprozent.de die erforderliche Aussenwirkung erfahren. Da dieser Artikel mit der Überschrift „(…): Ein Antifaschist in Not“ jedoch auch auf die Speicherung der Daten durch den Sächsischen Verfassungsschutz hinweist, hat die Stigmatisierung des Klägers auch in der streitgegenständlichen Maßnahme ihre Ursache. Dieser Artikel vom 2. August 2021 ist weiterhin auf der Internetplattform www.einprozent.de abrufbar. Die Stigmatisierung des Klägers dauert an.

Ob darüber hinaus auch ein Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr besteht, weil der Kläger trotz seines Umzugs weiterhin in Sachsen verwurzelt ist und hier eine weitere journalistische Tätigkeit beabsichtigt, wie seine Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, kann daher dahinstehen.

Die zulässige Klage ist auch begründet.

Die Kammer ist im Ergebnis der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass die Speicherung personenbezogener Daten des Klägers rechtswidrig war, weil die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt waren. Der Beklagte konnte nicht belegen, dass von dem Kläger Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung ausgingen.

Das Landesamt für Verfassungsschutz darf gemäß § 6 Abs. 1 SächsVSG zur Erfüllung seiner Aufgaben personenbezogene Daten speichern, verändern und nutzen, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 1 vorliegen, 2. dies für die Erforschung und Bewertung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 1 erforderlich ist oder 3. das Landesamt für Verfassungsschutz nach § 2 Abs. 2 tätig werden wird.

Gemäße § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SächsVSG ist Aufgabe des Landesamtes für Verfassungsschutz die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen über Bestrebungen, die u.a. gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet sind.

Nach der Definition in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SächsVSG sind Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Nach Satz 2 handelt für einen Personenzusammenschluss, wer ihn in seinen Bestrebungen aktiv sowie ziel- und zweckgerichtet unterstützt. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SächsVSG).

Zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen nach Absatz 2 dieser Vorschrift: 1. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretungen in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen; 2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsgemäße Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Recht und Gesetz; 3. Das Mehrparteienprinzip sowie das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition; 4. Die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung; 5. Die Unabhängigkeit der Gericht; 6. Der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und 7. Die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.

Zutreffen weist der Kläger in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Begriff der freiheitlich demokratischen Grundordnung unter Berücksichtigung der in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 2017 – 2 BvR 1/13 – (juris, Rn. 529 ff.) zu dem Antrag des Bundesrates zum Verbot der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ enthaltenen Grundsätze auszulegen ist (vgl. OVG NRW, Urt. v. 7. August 2018 – 5 A 1698/15 -, juris Rn. 91). Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung gehören demnach mindestens: „die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition“ (BVerfG, a.a.O., Rn. 531 m.w.N.). Diese werden auch von § 3 Abs. 2 SächsVSG erfasst.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 SächsVSG setzen Sammlung und Auswertung von Informationen nach Satz 1 im Einzelfall voraus, dass für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach Satz 1 tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Unter tatsächlichen Anhaltspunkten sind Tatsachen zu verstehen, die einen Anhalt für ein bestimmtes Verhalten des Betroffenen geben. Insofern bedarf es für die Sammlung und Auswertung von sach- und personenbezogenen Informationen durch den Verfassungsschutz keiner Gewissheit über vorliegende Bestrebungen. Aus der Verwendung des Begriffs „Anhaltspunkte“ wird erkennbar, dass insoweit ein Verdacht genügt, auch wenn dies nicht explizit vom sächsischen Gesetzgeber ausgedrückt worden ist. Es müssen konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als Tatsachenbasis für den Verdacht vorliegen. Zur Annahme eines Verdachts kann ferner die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte führen, wenn jeder für sich genommen einen solchen Verdacht nicht zu begründen vermag (vgl. BVerwG, Urt. v. 21. Juli 2010 – 6 C 22.09 -, juris Rn. 30). Die tatsächlichen Anhaltspunkte müssen hinreichend gewichtig sein. Des Weiteren ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.

In Anwendung dieser Grundsätze liegen nach Überzeugung der Kammer in der Person des Klägers keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass von ihm Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung ausgingen, die gemäße § 6 Abs. 1 SächsVSG Voraussetzung für eine Speicherung seiner personenbezogener Daten ist.

Die vom Beklagten dargelegten Aktivitäten des Kläger, seine Teilnahme an zwei Versammlungen am 2. November 2015 und am 16. Januar 2016 sowie das Fertigen von Fotografien der Teilnehmer eines Zeitzeugenvortrags am 14. Dezember 2019 ergeben – auch in der Gesamtschau – keine konkreten und in gewissem Umfang verdichtete sowie hinreichend gewichtige Umstände als Tatsachenbasis für den Verdacht im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Sätze 2 und 3 SächsVSG.

Aus dem mit umfangreichen Schwärzungen versehenen Verwaltungsvorgang ist zu entnehmen, dass der Kläger Teilnehmer der Versammlung am 2. November 2015 in Chemnitz war. Auf Anfrage des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 4. November 2015 an die PD Chemnitz mit der Bitte um Mitteilung, ob „die Namen der von der Polizei festgestellten Störer/Blockierer“ zu dieser Veranstaltung „Sitzblockade auf der Aufzugstrecke durch 46 PEGIDA-Gegner“ vorliegen, übersandte die PD Chemnitz am 5. November 2015 „die angeforderten Personaliensammelliste“. In dieser Liste sind auch personenbezogene Daten des Klägers genannt und es wird ausgeführt, dass beim Kläger eine Personalienfeststellung erfolgte und ein Alkoholtest durchgeführt wurde. Ob und in welcher Form der Kläger sich an der Sitzblockade oder in sonstiger Weise möglicherweise als Störer betätigt hat, ist aus der Mitteilung der PD Chemnitz nicht zu entnehmen. Auch der Vortrag der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, wonach eine Identitätsfeststellung nur bei entsprechenden rechtswidrigen Handlungen und eine anschließende Datenspeicherung nur nach einer umfassenden und vertieften Einzelfallprüfung erfolge, lässt sich für die Kammer anhand des vorliegenden Verwaltungsvorgangs nachvollziehen. In der Mitteilung der PD Chemnitz vom 5. November 2015 ist lediglich von einer „Personaliensammelliste“ die Rede. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Identitätsfeststellung des Klägers aufgrund einer Generalklausel aus dem Polizeirecht wie beispielsweise zur Abwehr einer Gefahr gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 SächsPVDG erfolgt ist, worauf die Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung hinwies. Allein aus der Feststellung, dass der Kläger an einer Versammlung teilgenommen hat, die vom Beklagten als linksextremistisch eingeschätzt wird, kann noch nicht auf vom Kläger ausgehende Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SächsVSG geschlossen werden.

Gleiches gilt für die Teilnahme des Klägers an Protestveranstaltungen des „Bündnis Chemnitz Nazifrei“ am 16. Januar 2016 in Chemnitz gegen die Versammlung mit dem Thema „Kein Köln in Chemnitz“. Ausweislich der Anfrage des Landesamtes für Verfassungsschutz an die PD Chemnitz vom 18. Januar 2016 hinsichtlich der von der Polizei festgestellten Personendaten beteiligten sich ca. 50 bis 60 Personen an der Protestveranstaltung, aus der heraus der häufig von Linksextremisten gebrauchte Sprechchor „Feuer und Flamme den Abschiebebehörden“ skandiert worden sei. Im Rahmen der polizeilichen Einsatzmaßnahmen seien 42 Identitätsfeststellungen und 12 Durchsuchungen erfolgt. Hierauf antwortete die PD Chemnitz mit E-Mail vom 22. Januar 2016 und nannte Personendaten, die von der Bereitschaftspolizei angefordert worden seien. In der geschwärzten Liste sind der Name und das Geburtsdatum des Klägers erkennbar. Aus der Mitteilung der Polizeidirektion Chemnitz ist jedoch schon nicht zu ersehen, dass die von dem Beklagten behaupteten Parolen tatsächlich aus der Versammlung am 16. Januar 2016 gerufen wurden. Ebenfalls ist auch insoweit nicht für die Kammer nachvollziehbar, ob der Kläger die vom Beklagten behaupteten linksextremistischen Parolen skandiert oder entsprechende Fahnen getragen hat. Dies hat der Beklagte schon nicht behauptet. Aus der bloßen Teilnahme an dieser Demonstration werden für die Kammer keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dahingehend belegt, dass vom Kläger eine ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweise in oder für einen Personenzusammenschluss ausging, die Voraussetzung für die Annahme einer Bestrebung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SächsVSG ist. Die gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 SächsVSG hierfür erforderliche aktive sowie ziel- und zweckgerichtete Unterstützung durch den Kläger ist für die Kammer nicht ersichtlich. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenhang handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anweisung von Gewalt gerichtet sind oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SächsVSG). Eine solche auf Gewalt gerichtete Verhaltensweise des Klägers ist ebenfalls weder vorgetragen noch ersichtlich.

Auch aus der Gesamtschau dieser beiden Vorgänge lässt keine aktive sowie ziel- und zweckgerichtete Unterstützung eines Personenzusammenschlusses herleiten, der darauf gerichtet ist, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen.

Dies gilt auch unter Einbeziehung des Verhaltens des Klägers beim Zeitzeugenvortrag am 14. Dezember 2019 in Leubsdorf. Zu diesem Vorgang übersandte ein Kriminalbeamter in dem nicht geschwärzten Teil dieser Mitteilung ein Foto der Örtlichkeit und benannte Zeit und Ort der Veranstaltung. Er führte aus: „Auffällig war, dass kurz nach dem Bekanntwerden des Veranstaltungsortes der bekannte linke Szene-Fotograf (…) alias (…) vorgefahren kam und jede Menge Fotos der Teilnehmer und Fahrzeuge fertigte und dabei in „Bekleidung einer weiteren männlichen Person“ war. Auch wenn anzunehmen wäre, dass der Kläger die Fotos gegen den Willen der Teilnehmer fertigte, was sich nicht aus dem Verwaltungsvorgang ergibt, so lässt auch dieses Verhalten des Klägers nicht auf eine ziel- und zweckgerichtete Unterstützung eines Personenzusammenschlusses erkennen, der sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung wendet. Zwar mag auch sein, dass das Fotografieren des politischen Gegners und die anschließende Veröffentlichung des Fotos auf dem Twitterkanal des Klägers eine „Outing-Aktion“ und damit eine szenetypische Verhaltensweise von Linksextremisten darstellten. Dies lässt sich jedoch ebenfalls mit der journalistischen Tätigkeit des Klägers begründen. Anders als in den Jahren 2015 und 2016, als er an den oben dargelegten Demonstrationen teilnahm, verfügte er im Jahr 2019 über einen Presseausweis. Jedoch lässt das Verhalten des Klägers an diesem Tag unabhängig davon, ob er einer journalistischen Tätigkeit nachging oder nicht – keine aktive sowie ziel- und zweckgerichtete Unterstützung eines Personenzusammenschlusses erkennen der darauf gerichtet ist, einen der in § 3 Abs. 2 SächsVSG genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen.

Im Ergebnis sind die im Verwaltungsvorgang enthaltenen Belege zu diesen drei Ereignissen auch in einer Gesamtschau für die Kammer nicht ausreichend, um gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für eine aktive, ziel- und zweckgerichtete Unterstützung einer Bestrebung i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 SächsVSG durch den Kläger anzunehmen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung i.S.v. § 3 Abs. 2 SächsVSG gerichtet ist. Dahingehende Umstände ergebn sich auch nicht aus der Veröffentlichung auf der Internetseite www.einprozent.de.

Da die Voraussetzungen für eine Speicherung der personenbezogenen Daten des Klägers gemäß § 6 Abs. 1 SächsVSG nicht erfüllt waren, war auch Rechtswidrigkeit der Speicherung sämtlicher Daten festzustellen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.

Über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ist unter Würdigung der jeweiligen Verhältnisse vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten aus zu entscheiden. Maßgebend ist, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichen Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sachlage eines Bevollmächtigten bedient hätte. Notwendig ist die Zuziehung eines Bevollmächtigten dann, wenn es dem Beteiligten nach seinen persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen. Die Notwendigkeit der Zuziehung wird auch durch die Bedeutung der Sache für den Beteiligten bestimmt, wobei der Zeitpunkt der Bevollmächtigung maßgeblich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21. August 2018 – 2 A 6.15 – juris).

Nach diesen Maßstäben war hier die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren notwendig. Gegenstand des Verfahren war die Rechtmäßigkeit der Speicherung der personenbezogenen Daten des Klägers. In diesem Zusammenhang stellt sich eine Reihe von nicht ohne weiteres zu beantwortenden rechtlichen Fragen. Von dem nicht juristisch vorgebildeten Kläger konnte nicht erwartet werden, dieses Verfahren ohne Zuziehung eines Rechtsanwalts zu führen.

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht erfüllt sind.“